Ich habe das große Privileg in einer tollen Stadt in einem großartigen Land zu leben, größtenteils demokratisch und sehr frei. Das kann nich jeder von sich sagen. Spätestens seit Greta mit ihren vielen UnterstützerInnen ihre Rechte auf eine Zukunft einforderten, wurde mir bewusst, dass es mit dem bisschen Ökostrom, den ich beziehe, den paar fleischfreien Tagen und den zum Teil CO2-kompensierten Druckaufträgen, die ich in meiner Agentur betreue allein nicht getan sein kann. In den letzten Wochen hatte ich viel Zeit, einige Bücher zu lesen. Das hat mit Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ angefangen (Gut, andere haben das vielleicht schon vor fast neunzig Jahren gelesen – ich bin da wohl Spätentwickler), driftete dann aber ab über Yuval Harari, hin zu Michael Braungart und Maja Göpel (drei Sterne ***) und weiter zu Dirk Steffens, Harald Lesch (auch ***), Rifkin, Franzen, McArthur, Randers 2052 – der neue Brief an den Club of Rome, zwischendurch mal Douglas Adams (der die Antwort auf alle Fragen schon immer wusste) hin zu Luisa Neubauer & Alexander Repenning, beide Vertreter der „next Generation“. Nicht zuletzt aber auch Eckart von Hirschhausen, der sich nicht mehr nur von medizinischer Seite der Sache nähert, sondern auch mit seinen Sommergesprächen auf youtube den Horizont (und nicht nur meinen geistigen) erweitert. Sie reden von Klimawandel und von Klimakrise … Egal, wie man es nennt, aber es scheint ja wohl doch bei uns allen angekommen zu sein (demnächst hoffentlich ehemalige US-Präsidenten ausgenommen), dass da wirklich was dran is. Und jeder für sich und alle zusammen sollten sich intensive Gedanken machen, in welcher zukünftigen Welt wir leben wollen (die von Huxley sollte es nicht sein und die von Musk wird es nicht werden, tendenziell wird es wohl eher wie bei Mad Max).
Vor wenigen Wochen konnte mein Sohn – trotz Corona-Wirren – freudigerweise sein Abi machen und dazu gehörte eine Präsentation mit dem Thema „Der Permafrostboden in Yakutien“. Vielleicht hatte ich in meinem Leben schon mal vom Permafrostboden gehört und hätte womöglich Yakutien auch noch richtig verortet, großartig einen Kopp habe ich mir darum aber nicht gemacht. Da dieses Thema meinen Sohn nun wochenlang beschäftigte, informierte auch ich mich darüber und erfuhr zum Beispiel, dass der Permafrostboden gar nicht mehr so frostig ist und vor allem, was dieser für eine Bedeutung für unser Erdklima hat. Ein paar Wochen nach seinem Abitur gab es in Sibirien eine Leckage, bei der 20.000.000 Liter (das sind 20 Millionen!) Diesel ausliefen und dieses Ereignis wohl mit tauendem Boden zu begründen war. Wenige Wochen später: große Waldbrände in Sibirien wegen Temperaturen um +38 °C. In Sibirien! Das ist nur ein Beispiel, denn derer gibt es viele: Überschwemmungen, Stürme, tauende Gletscher, gestresste Wälder, Artensterben, das ganze Programm.
Ich habe das große Glück in der Nähe eines Sees zu wohnen (der gerade von CNN zu den 20 besten Badeseen weltweit ernannt wurde – wer’s glaubt) und genieße es, mit unserem Hund die Runden zu drehen. Aber selbst hier, in diesem vermeintlich-natürlichen Stadtidyll, fällt mir auf, dass die Bäume auch schon mal glücklicher ausgeschaut haben. Das kann natürlich alles Einbildung sein, eine stark subjektive Wahrnehmung. Der Schwelbrand vor ein paar Wochen, der das pupstrockene Laub „thermisch umformte“, war es definitiv nicht. Also, irgendetwas stimmt doch da nicht, oder? Nun gut, so viel CO2 wurde hier nicht freigesetzt, denn Polizei und Feuerwehr waren schnell bei der Sache. In Sibirien schaut es hingegen ganz anders aus: Bis jetzt sind in diesem Jahr über 59 Megatonnen CO2 zusätzlich in die Atmosphäre gelangt (in der Zeit von Anfang 2019 bis Ende Juni 2020 brannte eine Waldfläche von 11 Millionen Hektar [Klammer in der Klammer: das entspricht einer Fläche so groß wie Bayern, Baden-Württemberg, dem Saarland und Berlin (!) zusammen] | Quelle: WWF). Nur schwer vorstellbar, wie riesig das ist. Vor allem, wenn man in Hamburg wohnt, ist das ganz weit weg und aus dem Fokus. Ist man Berliner schaut das schon ganz anders aus. Und wenn man in Donauwörth wohnen würde, müsste man – egal in welche Himmelsrichtung man liefe – 200 km über verbranntes Land gehen. (Die großen Brände in Australien, dem Amazonas und Kalifornien habe ich nicht einberechnet: das 2,5-fache an Fläche. Zusätzlich!) Puh, Hamburger müsste man sein. Ach, da war ja noch was mit dem Ansteigen des Meerespiegels … Ich möchte nicht panisch wirken aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns das nicht mehr leisten können und mit allem, was uns möglich ist, versuchen müssen, einen Wandel zu erreichen! Sozusagen einen Wandel des (Klima)Wandels.
Diesen Versuch möchte ich gern unternehmen. Angetrieben von den Gedanken Prof. Leschs in seinem Buch „Wenn nicht jetzt, wann dann?“, der so eine positiv-verbindliche Art hat zu motivieren (Im Sinne von: Legen wir doch einfach mal los und schauen, was geht. Die Zeit ist jetzt. Machen!), den jungen Klimaaktivisten, die sich als „Possibilisten“ bezeichnen, und dem unbedingten Wunsch der Veränderung, möchte ich – erst für mich und dann für alle anderen – in Zukunft positiv auf unser Klima einwirken, CO2 einsparen und ganz viel CO2 „neutralisieren“: Ich mach’s!
Ich mach’s! Ein Ausruf, bei dem ich an die Jungs an „meinem“ Schlachtensee denke (meistens sind es ja Jungs, die sich oder ihren Kumpels unbedingt etwas beweisen müssen, könnten aber natürlich auch Mädels und Diverse sein), wenn sie sich der Herausforderung stellen, vom nächst höheren Ast einer alten Eiche an der Liane (die zu 100 Prozent aus Kunststoff besteht, da bin ich mir sicher) in den See zu schwingen und mit Gegröle und einer feisten Arschbombe eintauchen. Die Klimakrise ist eine ungleich größere, eine sehr, sehr (und noch ein sehr) große Herausforderung und dennoch sollten wir diese genauso tatkräftig und mit positivem Elan angehen wie eben diese Jungs in lauen Sommertagen an einem Berliner Badesee. Hoffentlich, ohne auf dem Arsch zu landen.
Ich mach’s! Ich mach’s CO2 neutral! Das ist mein Ausruf und das sollte unser aller Ziel sein, damit nicht noch mehr klimaschädliche Gase in unsere Atmosphäre gelangen. Am Besten ist es natürlich, durch eine Veränderung unseres Lebenswandels und Konsumverhaltens, diese gar nicht erst entstehen zu lassen. Weil wir unser Leben aber nicht von heut auf morgen einfach so umstellen können (und es leider in den letzten dreißig bis vierzig Jahren auch versäumten), plädiere ich dafür zu kompensieren. Im Mittelalter hatte man das „Ablasshandel“ genannt, in dem man sich von seinen Sünden freikaufte. Ich nenne es Ablasswandel. Weil wir mit den erzielten Einnahmen Projekte starten, die zeitnah CO2 definitiv einsparen, leisten wir einen wertvollen Beitrag gegen eine weitere negative Veränderung des Klimas. – Sollten wir also nicht alle einfach sagen „Ich mach’s!“?
Das hier ist erst der Anfang meines Gedankens. In Kürze mehr auf
www.ablasswandel.de | www.ichmachsco2neutral.de
Und vielleicht bin ich dann in meiner „Selbsthilfegruppe“ bald nicht mehr so allein …
[Zweiter Nachsatz: Wenn jetzt die Jungs am See nach ihrem Ausflug auch noch ihren Einweggrill, die Chipstüten, Fleischblisterverpackungen und PET- wie Pfandflaschen mitnehmen würden …. Die Welt könnte so schön sein!]